Endspurt: Von St. Louis nach Banjul

Morgens um 5 krähen sowohl Wecker als auch Muezzin.

Es ist für uns Zeit, aufzustehen, schnell zu frühstücken, und St. Louis zu verlassen. Im Gegensatz zu gestern gibt es heute morgen Strom.

Um 6 fährt die Kolonne los, es ist noch stockfinster, doch die Abwesenheit von Straßenbeleuchtung, die Anfangs etwas verwirrt hat, fällt nicht mehr weiter auf.

Mit Warnblinklichtern, damit man sich nicht so schnell im Stadtgewusel verliert, geht es in Richtung Dakar und dann zur Grenze Gambias.

Wir freuen uns über die Dorfnamen wie Ndienye oder Mbadiene, die hier oft mit Nd- oder Mb- beginnen.

Die Landschaft sieht der Sahara gar nicht mehr ähnlich, überall wächst Gras, Bäume und viel Gebüsch. Es ist schwül geworden, am Mittag haben wir 38°C, wir fahren, dankbar für unsere Klimaanlage, an großen Baobabs, Mimosen und Palmen vorbei, irgendwann wird aus der bislang ganz guten Straße eine rote, schlaglochbewehrte Schotterpiste von etwa 50km Länge.

Spätestens jetzt wird das Ganze so richtig zur Rallye: Mit bis zu 100 Sachen jagen wir zwischen den weit verstreuten Dörfern umher, überholen die langsamen Jeeps und wesentlich vorsichtigere Fahrer, ziehen riesige Staubfahnen hinter uns her. In den Dörfern schanzt der eine oder andere, der nicht aufgepasst und rechtzeitig gebremst hat, mit 50 über die schlafenden Polizisten, die man eigentlich besser im 1. Gang und mit Standgas nehmen sollte, und kriegt was auf die Bandscheiben.
Glücklicherweise passiert nichts Schlimmes. Diese Strecke hat bislang am meisten Spaß gemacht, aber am Ende auch eine Reparaturwartestunde für 2 Autos erfordert. Innerhalb von 10 Minuten ist das angrenzende Dorf auf den Beinen, selbst die Schule wird für eine Stunde unterbrochen, denn jetzt ist Cadeau-Zeit.

Wieder wird viel aus den Kofferräumen geholt und verschenkt (@Nicole: Dein Kissen hat eine nette alte Frau bekommen). Wenn man nichts mehr zu verschenken hat, wissen wir mittlerweile, ist es am Besten, das Auto abzusperren und einfach rumzulaufen.

Ein älteres Ehepaar aus Nürnberg bleibt hingegen im Auto mit halb geöffneten Fenstern sitzen, durch die sich zig offene Hände schieben, die man nur schwer wieder herausbekommt, ohne etwas hineinzulegen.

Nachdem alle lockeren Teile wieder festgeschraubt oder entfernt wurden und viele Dinge den Besitzer gewechselt haben, geht es weiter.

In Kaolack wühlen wir uns über den proppevollen und hektischen Marktplatz, schlängeln uns zwischen Fußgängern, Handkarren, Melonenbergen und Eselskarren durch.

Überall, wo wir vorbeifahren, wird gewunken, teils aber sicher auch, um auf eine Cadeau-Pause einzuladen.

Nach einigen weiteren Schlagloch- ubd Buckelpisten erreichen wir gegen 1630 die gambianische Grenze. Nach nur 5 Minuten kommen wir durch, das sind wir in Afrika nicht gewohnt – doch wir werden bereits erwartet. Die Rallyeorganisatoren in Gambia haben alles vorbereitet, sogar das Staatsfernsehen dreht einen Bericht über uns. Die Leute sind unheimlich freundlich, wir werden empfangen wie Helden, man klopft Schultern, macht Fotos, fragt begeistert, wie die Reise war. Es wird kaum noch nach Geschenken gefragt, und ein „nein, wir haben schon alles verschenkt“ wird sofort akzeptiert.

Nach 30 Minuten fahren wir in der ersten Fähre über den Gambia-River, ein breiter Strom mit dichter Vegetation. Und schon wieder gab es eine Klimaänderung, es ist warm mit wirklich hoher Luftfeuchtigkeit. Wir warten auf die Ladung Autos der nächsten Fähre und unterhalten uns mit den Gambianern, die schonmal interessiert die Autos in Augenschein nehmen und Fragen stellen, um sich bei der Versteigerung schonmal einen Gebotspreis zu überlegen.

Als alle gegen 19 Uhr angelegt haben, fahren wir, eskortiert von der örtlichen Organisation und Polizei, mit Warnblinklichtern die letzten 180km nach Banjul.

An sämtlichen Polizeistops, die in Afrika bisher allgegenwärtig waren, fahren wir direkt durch, die Polizisten salutieren jedem einzelnen Auto. Die Rallye fährt bereits seit 10 Jahren hier her und hat sich einen guten Ruf eingehandelt, auch die Bevölkerung hält Daumen hoch und winkt, wo immer wir vorbeifahren.

Gegen 22 Uhr kommen wir im Blue Kitchen, dem Restaurant der Organisation, in dem es auch eine Armenspeisung gibt, an, es gibt Spaghetti und Bier, und alle sitzen todmüde, aber glücklich, angekommen zu sein, zusammen.

Nach mehr als 8000 gefahrenen Kilometern durch 7 Länder ist das Ziel erreicht.

Unsere Rücken haben entgegen aller Vermutungen noch nicht die Form von Autositzen angenommen. 2 Autos der Rallye haben es nicht bis hierher geschafft, sie wurden im Senegal verkauft, und wir sind froh, dass wir Ms. Winterbottom und Mr. Pommeroy heile hierher gefahren haben.

Ein Gedanke zu „Endspurt: Von St. Louis nach Banjul“

  1. Glückwunsch!!!
    Ihr habt Euch souverän durchgeschlagen, eine gute Vorbereitung ist
    nicht zu verachten. Wünsche nun noch eine spannende Versteigerung,
    bis bald, liebe Grüße von Hilde, Tina, Ronny, Carla, Anton und Elke

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